Regionalverband Stuttgart
Jetzt spenden Mitglied werden

Die Deutsche Bahn kommt mit Hochbeeten nach Korntal

Im Schneckentempo kommt die Deutsche Bahn bei der Sanierung und Ausweitung ihrer Schieneninfrastruktur voran.

Die Deutsche Bahn und der Artenschutz

 (© Michael Seehoff / Lerchenflug)

Beim Projekt Stuttgart 21 kam es seit Baubeginn im Februar 2010 schon vielfach zu erheblichen Konflikten mit dem Artenschutz. Betroffen sind verschiedene zum Teil streng geschützte Tierarten wie Biber, Fledermäuse, Vögel, Eidechsen oder Holzkäfer. Bei Abrissarbeiten des ehemaligen Bahndirektionsgebäudes an der Heilbronner Straße im Jahr 2012 hat der BUND einen zeitweiligen Baustopp erwirkt, weil eine Turmfalkenbrut bedroht war.

Bundesweite Berühmtheit erlangte der nach EU-Recht streng geschützte Juchtenkäfer, der in alten Baumhöhlen lebt. Bei einer Nacht-und-Nebel-Aktion ließ die Bahn im September 2010 im Mittleren Schlossgarten illegal uralte Platanen fällen, die von Juchtenkäfern besiedelt waren.

Kurze Zeit später konnte auf Intervention des BUND  20 sehr große und alte Platanen am Ferdinand-Leitner-Steg vor der Fällung gerettet werden. Hauptargument: Juchtenkäferbesatz.

 

Durchsichtiges Greenwashing

Ungeachtet dessen versucht sich die Deutsche Bahn in Korntal in Sachen Greenwashing. Zwei große Hochbeete hat sie dazu vor kurzem direkt neben dem Zugang zu den Bahnsteigen aufgebaut. Sie stehen mitten auf dem Gehweg, behindern den Zugang zur Bäckerei Katz, die sich vor allem in den Morgenstunden großer Beliebtheit erfreut.

In einem der Hochbeete wirbt die Bahn mit einer für Insekten optimalen Miniaturlandschaft. Da darf das obligatorische Insektenhotel nicht fehlen. Nur ist es hier denkbar unattraktiv aufgestellt: die Stirnseite mit den Löchern für Bienen zeigt nach Norden anstatt nach Süden und eine blühende Umgebung, in der sich Insekten vorzugsweise aufhalten, sucht man ebenfalls vergeblich. Der verwitterte Baumstamm in einer Sandlandschaft erinnert an die Tunnelbohrmaschine, die den Untergrund rund um Stuttgart durchbohrt hat, um die Schienen für den neuen Bahnhof unter die Erde zu verlegen. Wieviele Kleinstlebewesen dieser gierigen Maschine zum Opfer gefallen sind, mag man sich nicht ausdenken. Hier wird stattdessen über Wildbienen, Weidensandbienen und Schmalbienen schwadroniert, die im sandigen Erdboden nisten (siehe dazu unseren Artikel hier).

Das zweite Hochbeet beherbergt eine wilde Wiese und mittels einer Tafel mit pädagogischen Hinweisen wird für Artenvielfalt geworben.

Die DB könnte die Ökologie unterstützen durch Ausbau des Schienenverkehrs

Anstatt in ihrem Kernbereich, den ökologischen Verkehr mit großflächigen Schieneninfrastruktur vorbildlich aktiv zu sein, hat die Bahn seit dem geplanten Börsengang viele Kilometer Schieneninfrastruktur stillgelegt und zurückgebaut. (Ähnlich wie das US-amerikanische Vorbild, siehe mein Artikel hier.) Bahnhöfe hat sie verkommen lassen und macht das Reisen mit der Bahn auch dadurch nicht attraktiv. Ein Taktfahrplan, wie er in der Schweiz seit Jahrzehnten implementiert ist, sucht man bei der Deutschen Bundesbahn vergeblich. Spitzenreiter ist sie bei der Unpünktlichkeit. Und nun, da ein Sanierungsprogramm auf die Schiene gesetzt wurde und große Verbindungsstrecken saniert werden, wird sich dieser Zustand noch über Jahre hinziehen.

Der BUND hat sich immer schon für die Bevorzugung der Schiene gegenüber der Straße eingesetzt. Leider wurden seine Wünsche bislang nicht erhört. „Build, Baby build“, mag man der Bahn zurufen, in Abwandlung eines Wahlkampfslogans von Donald Trump.

Michael M. Seehoff

 

BUND-Bestellkorb