BUND Regionalverband Stuttgart

Vogel-Kirsche, Süß-Kirsche

Prunus avium

Familie: Rosengewächse, Rosaceae
Gattung: Prunus
Vorkommen: Europa, Türkei, Kaukasus, Iran, eingebürgert: N-Amerika
Wuchshöhe: Meist um 20, selten bis 30 m


Die Kulturen unserer Süßkirschen leiten sich von der in den hiesigen Wäldern verbreiteten Vogelkirsche ab. Aus ihr haben wahrscheinlich schon die Alemannen oder gar ihre Vorgänger eine Kulturform gewonnen, die später vom heutigen Württemberg aus weite Verbreitung gefunden hat.

Das sehr schöne, glatt zu bearbeitende und gut zu polierende Kirschholz ist äußerst wertvoll und begehrt für die Herstellung von Möbeln.
Die Landesforstverwaltung von Baden-Württemberg hat daher in den Waldungen die schönsten Vogelkirschexemplare zusammengesucht und in den Kronen durch Zapfenpflücker Reiser zum Veredeln schneiden lassen. Damit wurden dann in Liliental im Kaiserstuhl Pfropfungen für eine Samenplantage vorgenommen.
Diese Plantagenbäume werden durch Schnitt niedrig gehalten, so dass die Samen ohne Schwierigkeiten gepflückt werden können.
Nur bei Verwendung eines so hochwertigen Saatgutes hat man einigermaßen die Gewähr, später im Wald gute Schaftformen zu bekommen. Kreuzungen der Waldform - nach Stammform ausgelesen - mit den Zuchtformen - nach der besten Frucht ausgelesen - lassen sich leider nicht verhindern.

Die Kirsche, die früh blüht, eignet sich mit am besten für den Schnitt von Barbarazweigen. Die heilige Barbara sprengt die winterlichen Knospen auf und bringt sie zum Blühen. Es ist daher ein alter Brauch am Barbaratag, dem 4. Dezember, vor allem Kirsch-, Apfelbaum- und Schlehdomzweige zu schneiden, um sie in der warmen Stube oder auch im Stall ins Wasser zu stellen. Derartige Zweige gelten als Glücksbringer.
Je kräftiger sie zur Weihnachtszeit blühen, desto größer das Glück und der Segen für Haus und Hof, für Mensch und Vieh. Hinzu kommt, dass das, was man sich beim Schneiden der Barbarazweige wünscht, der Sage nach in Erfüllung geht.

Die heilige Barbara wurde als Tochter des reichen Dioscuros von Nikomedien geboren. Um seine schöne, mit scharfem Verstand ausgestattete Tochter u. a. auch vor dem Christentum zu bewahren, schloss der Vater sie jeweils in einen Turm ein, wenn er fortging.
Barbara richtete in einem Brief Fragen zum Christentum an Origenes (185-254). der ihr als der gelehrteste Weise von Alexandria bekannt war. Durch den Priester Valentinus schickte Origenes ihr Antwort. Von Barbara als Arzt ausgegeben, erlaubte ihr der Vater, Valentinus zu empfangen, der sie dann auch taufte.
Barbara ist es sozusagen gelungen, den Turm, in den sie eingesperrt war, mit dem Geist Gottes zu sprengen. Sie gilt daher heute als heilige für alle Handwerker und Gewerbetreibende, die mit Sprengstoff zu tun haben.
St. Barbara ist auch die Blitzheilige, denn nur sie allein vermag nach altem Volksglauben, was der menschlichen Hand nie gelänge: das durch Blitzschlag ausgebrochene ‚wilde' Feuer zu löschen.

Fast alle Legenden um St. Barbara bringt Jörg Rathgeb besonders reizvoll und ausführlich 1510 auf der Altartafel vom nahegelegenen Schwaigern zur Darstellung. Heiratslustige Mädchen benutzten die Barbarazweige zu einer Art Liebesorakel: jedem Zweig gaben sie einen anderen Namen von jungen Männern, die als Bräutigam in Frage kämen. Derjenige, dessen Zweig zuerst in Blüte stand, würde, so glaubte man, das Mädchen im nächsten Jahr zum Traualtar führen.

Dr. Hans Halla

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