BUND Regionalverband Stuttgart
Stuttgart, 23.05.2023
Pressemitteilung
„Nein, der Untergang von Region und Kreisen wurde am vergangenen Sonntag mit dem bei einem Bürgerentscheid abgelehnten, neuen Gewerbeparks Aichelberg - Kreis Göppingen nicht eingeläutet“ kommentiert Jürgen Merks, Flächenschutzexperte beim BUND Regionalverband Stuttgart. Ganz im Gegenteil. Sowohl der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als auch die Mehrheit der zur Wahl gegangenen Aichelberger BürgerInnen ist sich eben sicher, dass die Begehrlichkeiten der Flächenressource Boden, kein Ende finden wird. Merks weiter: „Egal welches Mäntelchen von „Nachhaltigkeit“ bis „unausweichlichem Transformationsprozess“ einem Neubaugebiet übergezogen wird. Man sägt nun mal nicht die Äste ab, die im Naturhaushalt und gedeihlichem Zusammenleben unwiederbringlich gebraucht werden.“
Die Region Stuttgart mit Ausnahme des Kreises Stuttgart verzeichnet seit 25 Jahren einen Zuwachs von 40 % Gewerbeflächen. In Hektar ausgedrückt rund 3.000, was der Fläche von 4.200 Fußballfeldern entspricht. Nachfrage weiterhin jährlich rund 160 Hektar. Nur etwa ein Drittel davon wird aus dem Potenzial der Innenentwicklung geschöpft. Ein Großteil wird jedoch auf die grüne Wiese bzw. ins Frischland im Außenbereich geklotzt. Bei den Nachfragern nach Gewerbeflächen sind es aber bei weitem nicht die zu vermutenden standortsicheren Automobil-Produktionen, sondern meist Büro- und Logistikflächen. Das zumindest besagen die zuletzt verfügbare Studie der Wirtschaftsregion bzw. des Verband Region Stuttgart (WRS/VRS) aus dem Jahr 2019. Wohlgemerkt vor dem Corona-Einschnitt.
Nicht nur der BUND ist der Meinung, dass sich seither die Bedarfe einerseits wegen der verstärkten Nutzung von Homeoffice verschoben haben. Auch dass man den enorm flächenfressenden Logistikunternehmen, die sich maßgeblich wie eine Perlenschnur an den großen Straßen aufreihen, weiterhin Tür und Tor öffnen will, ist befremdlich. Übrigens das Gewerbegebiet Aichelberg wurde wie fast alle jüngeren Gewerbegebiete in der Region ohne Bahnanschluss geplant. Verkehrswende – war das was?
Gerhard Pfeifer, BUND Regionalgeschäftsführer analysiert: „Solange kein Zwang besteht, den Flächenverbrauch drastisch zu reglementieren und damit der Zielsetzung der von der Politik schon mehrfach versprochenen Netto-Null nahezukommen, werden Gewerbeflächen-Nachfragende keinen Deut tun, sich an andere Umsetzungen zu gewöhnen. So werden weiterhin die Potenziale der Innenentwicklung wegen Besitzwahrungsständen des Eigentums als politisch gottgegeben hingenommen. Alle Anstrengungen hier Top-Down – also von der gesetzlichen Bundes- bzw. Landesebene den Hebel anzusetzen wird seit gut 20 Jahren verbummelt. Eben weil das Bewusstsein für landwirtschaftliche und Naturschutz-Flächen sich nicht im Ob, sondern in substanzlosen Ausgleichsmaßnahmen widerspiegelt.“
Dass hier bei Bürgerentscheiden zunehmend Widerstand regt, ist nach Ansicht des BUND erfreulich. Klimawandel und Ressourcenknappheit schreien es auch in die Region Stuttgart hinein:
Es reicht, bitte wenden!
Flächensparen und Flächeneffizienz, statt ungebremstes Wachstum in einem endlichen Raum, muss eine wirklich nachhaltige Entwicklung antreiben. Mit dem Volksantrag „Ländle leben lassen“ zur Eindämmung des Flächenverbrauchs kann die Bevölkerung den politisch Verantwortlichen mit ihrer Unterzeichnung diesen Pfad weisen. Nähere Infos: https://www.laendle-leben-lassen.de/
Rückfragen an: Jürgen Merks 0711/61970-42 / Gerhard Pfeifer 0711/61970-40 o. 842 559